19.09.2014
Arbeitsrecht
Bewerber muss vorhandene Schwerbehinderung für Anspruch auf Schutz und die Förderung nach dem SGB IX in Bewerbungsschreiben mitteilen
Unauffällige Informationen oder eine in den Bewerbungsunterlagen befindliche Kopie des Schwerbehindertenausweises nicht ausreichend
Ein schwerbehinderter Mensch, der bei seiner Bewerbung um eine Stelle den besonderen Schutz und die Förderung nach dem SGB IX in Anspruch nehmen will, muss die Eigenschaft, schwerbehindert zu sein, grundsätzlich im Bewerbungsschreiben mitteilen. Eine solche Mitteilung muss bei jeder Bewerbung erfolgen. Auf Erklärungen bei früheren Bewerbungen kommt es nicht an. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht
Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens ist schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50. Im Juni 2010 bewarb er sich erstmalig bei der Beklagten. Dieses Bewerbungsverfahren, zu dem auch die Schwerbehindertenvertretung hinzugezogen worden war, blieb erfolglos.
Kläger verlangt Entschädigung aufgrund einer Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung Ende Juli 2010 bewarb sich der Kläger für eine andere, neu ausgeschriebene Stelle bei der Beklagten. Die Bewerbung wurde bei der Beklagten von einer anderen personalführenden Stelle als die erste Bewerbung bearbeitet. Weder im Bewerbungsanschreiben noch im Lebenslauf wies der Kläger auf seine Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch hin. Allerdings hatte er einem Konvolut von Anlagen (Umfang 29 Blatt) als Blatt 24 eine Fotokopie seines Schwerbehindertenausweises beigefügt. Auch diese Bewerbung scheiterte, ohne dass der Kläger von der Beklagten, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden war. Der Kläger verlangt eine Entschädigung, weil er sich wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt sieht. Als Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes hätte ihn die Beklagte aufgrund seiner Schwerbehinderung in jedem Fall zu einem Vorstellungsgespräch einladen müssen.
Bewerber muss auf Schwerbehinderteneigenschaft im Bewerbungsanschreiben oder unter deutlicher Hervorhebung im Lebenslauf hinweisen Anders als in den Vorinstanzen hatte die Klage vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg. Auf die Schwerbehinderteneigenschaft ist gegebenenfalls im Bewerbungsanschreiben oder unter deutlicher Hervorhebung im Lebenslauf hinzuweisen. Unauffällige Informationen oder eine in den weiteren Bewerbungsunterlagen befindliche Kopie des Schwerbehindertenausweises sind keine ausreichende Information des angestrebten Arbeitgebers. Die Mitteilung hat bei jeder einzelnen Bewerbung erneut zu erfolgen. Entscheidend ist die Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne des SGB IX im Zeitpunkt der Bewerbung, nicht zu einem früheren Zeitpunkt. Auch ist das Datenschutzrecht zu berücksichtigen. Es liegt in der Entscheidung des schwerbehinderten Menschen, ob er die Schwerbehinderung bei der Bewerbung nach SGB IX berücksichtigt haben will oder nicht.
- Eine weitere Entscheidung zu diesem Thema:
- Schwerbehindertenvertretung muss bei Entscheidungen über Bewerbungen schwerbehinderter Menschen auch bei Interessenkollisionen beteiligt werden ( BundesarbeitsgerichtUrteil[Aktenzeichen: 8 AZR 574/12] )
- Arbeitnehmer muss Benachteiligung im Bewerbungsverfahren wegen Schwerbehinderung nachweisen können ( BundesarbeitsgerichtUrteil[Aktenzeichen: 8 AZR 180/12] )
- Keine Diskriminierung eines Schwerbehinderten bei Bewerbung auf bereits besetzte Stelle ( BundesarbeitsgerichtUrteil[Aktenzeichen: 8 AZR 370/09] )
- Vorinstanz:
- Landesarbeitsgericht KölnUrteil[Aktenzeichen: 9 Sa 214/12]
Angaben zum Gericht:
- Gericht:Bundesarbeitsgericht
- Entscheidungsart:Urteil
- Datum:18.09.2014
- Aktenzeichen:8 AZR 759/13
Quelle:Bundesarbeitsgericht/ra-online