09.10.2013
Arbeitsrecht,Europarecht
EGMR: Kündigung eines HIV-Infizierten Arbeitnehmers verstößt gegen Art. 8 und 14 EMRK
Gekündigter Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung
Wird ein Arbeitnehmer gekündigt, weil er sich mit dem HI-Virus infiziert hat, verstößt dies gegen Art. 8 und 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Der gekündigte Arbeitnehmer hat in einem solchen Fall Anspruch auf eine Entschädigung. Dies geht aus einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hervor.
Im zugrunde liegenden Fall wurde in Griechenland ein HIV infizierter Arbeitnehmer gekündigt. Der Kündigung vorangegangen waren Proteste von Teilen der Belegschaft des Unternehmens. Einige Mitarbeiter fürchteten sich zu infizieren und verlangten daher von dem Arbeitgeber den infizierten Arbeitnehmer zu kündigen. Nachdem dieser zunächst versuchte erfolglos die besorgten Beschäftigten zu beruhigen, kündigte er schließlich dem Arbeitnehmer. Dieser erhielt eine Abfindung und einige Zeit später auch eine neue Anstellung. Dennoch klagte er gegen die Kündigung.
Arbeitnehmer blieb vor griechischen Gerichten erfolglos Der Arbeitnehmer blieb vor den griechischen Gerichten mit seiner Klage erfolglos. Während das erstinstanzliche Gericht die Kündigung zwar für rechtswidrig hielt, eine Weiterbeschäftigung aber angesichts der neuen Stelle des Arbeitnehmers für nicht erforderlich hielt, sah das Berufungsgericht die Kündigung als gerechtfertigt an. Denn durch die HIV-Infizierung sei der Betriebsfrieden möglicherweise gestört worden. Der Mann klagte schließlich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wegen Verletzung von Menschenrechten.
EGMR hielt Kündigung für unzulässig Der EGMR entschied, dass die Kündigung des Arbeitnehmers wegen seiner HIV-Infizierung gegen sein Recht auf Privatsphäre verstieß (Art. 8 EMRK) und diskriminierend war (Art. 14 EMRK). Zugleich bemängelte der Gerichtshof, die mangelnde Abwägung der Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers durch das griechische Berufungsgericht. Es habe nicht beachtet, dass sich die Befürchtungen der Belegschaft auf unbegründete Tatsachen stützten und sich die Krankheit nicht nachteilig auf die Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers oder auf die Arbeit im gesamten Unternehmen auswirkte. Ein Grund zur Kündigung habe daher nicht vorgelegen.
Arbeitnehmer stand Entschädigung zu Der EGMR sprach dem gekündigten Arbeitnehmer Schadenersatz von etwa 6.339 € sowie Schmerzensgeld von 8.000 € zu, also insgesamt etwa 14.339 €.
- Eine weitere Entscheidung zu diesem Thema:
Angaben zum Gericht:
- Gericht:Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
- Entscheidungsart:Urteil
- Datum:03.10.2013
- Aktenzeichen:552/10
Quelle:Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, ra-online (pm/rb)